Reporting Bias

Wenn es nur Gutes zu berichten gibt

Der englische Philosoph Francis Bacon bemerkte schon vor 400 Jahren, dass der Mensch eher positiven als negativen Botschaften zuneigt: „It is the perpetual error of the human intellect to be more moved and excited by affirmatives than by negatives, whereas it ought properly hold itself indifferently disposed towards both alike.“ Vielleicht hatte er die wandernden Ärzte und Heiler vor Augen, die damals auf den Märkten einer gläubigen Kundschaft ihre Wundermittel anpriesen – und über deren Nebenwirkungen lieber schwiegen. Auch heute werden  Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten nur selektiv der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.1

Das IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) verglich 101 klinische Studienberichte, wie sie Arzneimittelhersteller bei der Zulassung einreichen müssen, mit den zugehörigen Artikeln in Fachzeitschriften und den Eintragungen in Studienregistern. In diesen klinischen Prüfungen waren 456 Ergebnisse zum Nutzen und 624 Ergebnisse zu Nebenwirkungen von insgesamt 16 Medikamenten erhoben worden. Während die Studienberichte die Daten fast vollständig wiedergaben, blieben in den öffentlich zugänglichen Quellen 65% der Nutzenergebnisse und 57% der Nebenwirkungen unerwähnt. Selbst schwere Nebenwirkungen („Serious adverse events“) fielen zu 49% unter den Tisch.

Das selektive Berichten und Verschweigen von Studienergebnissen folgt der betriebswirtschaftlichen Logik pharmazeutischer Unternehmen. Unverblümt sagt es eine firmeninternes Memo der Firma Pfizer: „Pfizer-sponsored studies belong to Pfizer…Purpose of data is to support, directly or indirectly, marketing of our product“.2

Ärzte und Patienten brauchen jedoch vollständige Transparenz, um informierte Therapieentscheidungen treffen zu können. Eine Lösung wäre die Verpflichtung zur Offenlegung der vollständigen klinischen Studienberichte, wie sie vom IQWiG und der internationalen Kampagne www.alltrials.net gefordert wird.

  1. Wieseler B, Wolfram N, McGauran N, et al. Completeness of reporting of patient-relevant clinical trial outcomes: comparison of unpublished clinical study reports with publicly available data. PLoS Medicine 2013.
    www.plosmedicine.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pmed.1001526
  2. Spielmans GI, Parry PI. From evidence-based medicine to marketing-based medicine: evidence from internal industry documents. J Bioethic Inquiry 2010.
    i.bnet.com/blogs/spielmans-parry-ebm-to-mbm-jbioethicinqu-2010.pdf