Neurowoche 2014: Wind of change…

(29.09.2014) Den herbstlichen Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie umwehte ein zarter Frühlingswind. Die Themen „Ärztliche Unabhängigkeit“ und „Interessenkonflikte“ wurden vom DGN-Vorstand und von den Teilnehmern vielfach angesprochen und werden nach und nach zum Bestandteil unserer neurologischen Kultur.

Einige Monate vor dem Kongress hatte der DGN-Vorstand bereits die „Handlungsanweisungen zum Umgang mit wirtschaftlichen Interessen“ verabschiedet, die beispielsweise mindestens 50% unabhängige Mitglieder für jede Leitliniengruppe vorsehen. Zudem sollen Befangenheiten bei Abstimmungen über Empfehlungen berücksichtigt werden. Kurz vor dem Kongress gab Prof. Wolfgang Oertel bekannt, dass Vorstandsmitglieder der DGN in Zukunft nicht mehr als Redner bei Industriesymposien auf dem Jahreskongress auftreten. Auch in ästhetischer Hinsicht gab es Fortschritte: keine Kongresstaschen mit Pharmalogo und Werbeinhalt mehr, keine Halsbänder mit Firmenaufdruck und keine Gewinnspiele an den Industrieständen. Alle Redner des Kongresses zeigten zu Beginn ihrer Vorträge eine Folie mit ihren Interessenkonflikten, wenn auch bisweilen mit verschämter Eile. Der DGN-Vorstand stellte NeurologyFirst wieder einen Saal für eine Diskussionsveranstaltung zur Verfügung, die von etwa 70 Teilnehmern besucht wurde.

Gäste waren Werner Bartens, Arzt und Wissenschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung, der in seinem Vortrag die pseudowissenschaftliche Aufblähung der Medizin kritisierte, und Klaus Lieb, Ordinarius für Psychiatrie in Mainz, der über Mechanismen der Beeinflussung sprach, gegen die sich Ärzte gemeinhin für immun halten. Er betonte, dass Interessenkonflikte nicht nur deklariert, sondern auch reduziert werden müssen, wo immer das möglich ist, beispielsweise damit es innerhalb einer Fachgesellschaft unabhängige Experten für Leitlinien gibt.

Insgesamt hat die DGN mit diesem Kongress gezeigt, dass sie die ärztliche Unabhängigkeit auf dem Kompass hat – auch wenn der Weg noch weit ist.