Kosten/Nutzen

Die Preise für neue Medikamente stehen in keinem Verhältnis zu ihrem Zusatznutzen

Im wirklichen Leben sorgt der Markt dafür, dass Preis und Gebrauchswert einer Ware ein angemessenes Verhältnis finden. Ganz anders läuft es im Arzneimittelmarkt, der kein Markt im Wortsinn ist, weil neue Medikamente durch Patente geschützt sind. So bleibt der Anbieter vom mühsamen Wettbewerb verschont und kann als Monopolist den Preis fast nach Belieben festsetzen. Im Ergebnis bekommen die Krankenversicherten keinen angemessenen Gegenwert für ihr Geld.

Beispiel 1: In rheumatologischen Leitlinien werden die teuren Biologika empfohlen, wenn ein konventionelles Medikament die Symptome nicht ausreichend lindert. Die Therapie mit Biologika kostet etwa 15.000 € im Jahr, über 100mal mehr als die Behandlung mit konventionellen Medikamenten. Allerdings zeigte eine Metaanalyse von 70 kontrollierten Therapiestudien, dass die Kombination von zwei alten Medikamenten (plus Steroiden bei Therapiebeginn) dem Einsatz der teuren Biologika ebenbürtig ist. 1

Beispiel 2. Die Therapiekosten für neue Krebsmedikamente erreichen oft 100.000 € pro Jahr. Die gewonnene Lebenszeit (mit einer schweren Krankheit) liegt meist bei Wochen bis wenigen Monaten. Erkauft wird die Lebensverlängerung durch belastende Nebenwirkungen wie Erbrechen, Durchfall und Haarausfall. Das bei Pankreaskarzinomen eingesetzte Elotinib verlängert das Leben um ganze 10 Tage und belastet die Patienten mit schweren Nebenwirkungen. Umgerechnet auf ein gewonnenes (elendes) Lebensjahr liegen die Behandlungskosten bei 500.000 €. 2  Kein Wunder, dass Ärzte und Pflegende in der Onkologie mehrheitlich auf eine teure Chemotherapie verzichten würden, wenn sie selbst ein fortgeschrittenes Karzinom hätten. 3

In Deutschland soll seit 2011 das Arzneimittel-Neuordnungs-Gesetz (AMNOG) die Preise für neue Arzneimittel an ihren Zusatznutzen koppeln. Geklappt hat das bisher nicht: Auch bei Medikamenten ohne relevanten Zusatznutzen konnten die Hersteller wieder astronomische Preise durchsetzen. 4

  1.  Graudal N, Jürgens G. Similar effects of disease-modifying antirheumatic drugs, glucocorticoids and biologic agents on radiographic progression in rheumatoid arthritis: a meta-analysis of 70 randomized placebo-controlled trials including 110 comparisons. Arthritis Rheum 2010;62:2852-63.
  2. Gøtzsche P. Deadly medicines and organized crime. How big pharma has corrupted healthcare. London: Radcliffe, 2013. S.98.
  3. Slevin ML, Stubbs L, Plant HJ et al. Attitudes to chemotherapy: comparing views of patients with cancer with those of doctors, nurses, and general public. BMJ 1990;300:1458-60.
  4. arznei-telegramm 2013; 44: 53-4