Impact-Faktor

Eindruck schinden mit dem Einschlags-Faktor

Der Impact-Faktor (Impact= Eindruck, Wirkung, Aufprall) ist die Währung, in der akademische Karrieren gemessen werden. Eigentlich besagt der Impact-Faktor nur, wie häufig die Beiträge einer Zeitschrift innerhalb eines Jahres von anderen Autoren aufgegriffen werden: je öfter desto höher der Impact-Faktor. So besagt beispielsweise ein Impact-Faktor von 4,5, dass die Artikel dieses Journals in einem Jahr durchschnittlich 4,5mal zitiert wurden. Ein Journal mit hohem Impact-Faktor genießt wissenschaftliches Prestige und bekommt viele wissenschaftliche Arbeiten angeboten, unter denen es wieder die besten aussuchen kann. Daher arbeiten die Herausgeber der Journale beständig an der Steigerung des Impact-Faktors.

Autoren, deren Arbeiten in Impact-starken Journalen angenommen werden, erwerben wissenschaftliches Renommee und kommen beruflich voran. Insbesondere bei der Besetzung von Professuren wird auf den Impactfaktor der Journale geachtet, in denen die Bewerber publiziert haben.

Allerdings misst der Impact-Faktor nur näherungsweise die wissenschaftliche Qualität eines Journals – und noch weniger die eines Autors. So zitieren sich die Wissenschaftler großer Fachgebiete, beispielsweise die Diabetologen, zwangsläufig häufiger gegenseitig als kleine Expertenzirkel, wie etwa Pupillenforscher, von denen es weltweit nur eine Handvoll gibt. Kein Wunder, dass die Impact-Faktoren der zugehörigen Journale um den Faktor 10 variieren.

Da der Impact-Faktor die durchschnittliche Häufigkeit angibt, mit der Artikel einer Zeitschrift zitiert werden, sagt er über die Qualität einzelner Artikel und Autoren wenig aus. Andernfalls könnte man die Durchschnittsnote einer Abiturklasse über die Aufnahme an der Uni entscheiden lassen.

Journale, in denen die großen Zulassungsstudien neuer Medikamente veröffentlicht werden, schneiden beim Impact-Faktor automatisch gut ab, da alle nachfolgenden Artikel zur Therapie der jeweiligen Erkrankung darauf Bezug nehmen. Zudem gibt die Pharmaindustrie nach einer erfolgreichen Zulassungsstudie oft 50 bis 100 weitere Artikel bei medizinischen Publikationsagenturen in Auftrag, um ihre Marketingbotschaften, wissenschaftlich aufgemacht, in anderen Journalen zu streuen.1

Dabei wird immer die Originalarbeit zitiert, so dass der Impact-Faktor der zugehörigen Zeitschrift weiter steigt. Für Werbezwecke ordern die Herstellerfirmen mitunter hunderttausende Sonderdrucke der Originalpublikation – was den Herausgebern der Top-Journale die Annahme auch zweifelhafter Studien zweifellos erleichtert.2

Evidenz-orientierte Ärzte sind daher wenig beeindruckt, wenn eine Arbeit beispielsweise vom Impact-Spitzenblatt New England Journal of Medicine angenommen und veröffentlicht wurde. Sie bilden sich anhand der beschriebenen Methoden und Ergebnisse lieber eine eigene Meinung.

  1. Sismondo S. Ghost management: How much of the medical literature is shaped behind the scenes by the pharmaceutical industry? PLoS Med 2007; 4: e19.
  2. Smith R. The trouble with medical journals. London: The Royal Society of Medicine Press, 2005, London, 2005.