Fachzeitschriften

Hort der Wissenschaft oder Werkzeuge des Pharmamarketings?

„Medizinische Journale sind erweiterte Marketingabteilungen der Pharmafirmen“1 So drastisch sagt es Richard Smith, langjähriger Herausgeber des British Medical Journal. Ähnlich sieht es Richard Horton, Herausgeber des Lancet: „Journale sind zu Instrumenten der Informations-Wäsche (information laundering) der pharmazeutischen Industrie geworden“.2 Die Skepsis führender Medizinpublizisten gründet sich auf die vielfältigen Manipulationen, die bei Industrie-gesponserten Studien fast immer zum gewünschten Ergebnis führen (Industrie-Bias). Hinzu kommen Täuschungen wie das Ghostwriting, verschwiegene Interessenkonflikte und Leserbriefe, die von der Industrie fingiert werden. Als Gegenwehr versuchten die Herausgeber der international führenden medizinischen Zeitschriften strengere Regeln zur Deklaration der Rolle von Autoren und Sponsoren einzuführen.Der Erfolg blieb jedoch begrenzt, da die Zeitschriften dem finanziellen Druck der Pharmaindustrie ausgeliefert sind. So können die von einer Firma georderten Sonderdrucke einer klinischen Studie bis zu einer Million Dollar einbringen. Der Herausgeber kann sich dann überlegen, ob er die Studie publiziert oder sein Personal zum Jahresende reduzieren muss, wenn er seine Budgetziele verfehlt. Schon beim Einreichen der Studie meldet sich bisweilen der Sponsor, um mit diesem Bonus die Annahme des Artikels in einem renommierten Journal zu befördern.Ebenso wirksam kann die Drohung mit einem Anzeigenboykott sein. So erlitten die Annals of Internal Medicine einen einschneidenden Rückgang des Anzeigengeschäfts, nachdem sie eine Studie publiziert hatten, die den Wahrheitsgehalt von Pharma-Anzeigen kritisch unter die Lupe nahm.5

  1. Smith R. Medical journals are an extension of the marketing arm of the pharmaceutical companies. PLoS Med 2 (5): e138
  2. Horton R. The dawn of McScience. New York Rev Books 51 (4):7-9
  3. Davidoff F, DeAngelis CD, Drazen JM et al. Sponsorship, authorship, and accountability. N Engl J Med 2001; 345:825-6
  4. Smith R. The trouble with medical journals. London: The Royal Society of Medicine Press, 2005, S. 131
  5. Wilkes MS, Doblin BH, Shapiro MF. Pharmaceutical advertisements in leading medical journals: experts’ assessments. Ann Intern Med 1992;116:912-9