Pharmaindustrie sieht Korruptionsrisiken

(18.04.2013) Wer hätte das gedacht? Zwei Drittel der deutschen Arzneimittelhersteller wünschen sich eine Regelung, mit der Korruption niedergelassener Ärzte unter Strafe gestellt wird.1 Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers befragte 50 Pharmaunternehmen und kommt zu der Schlussfolgerung, dass „gerade die Pharmabranche einem erhöhten Korruptionsrisiko ausgesetzt“ sei, jedoch werde „der Bekämpfung von Korruption im Vergleich zu anderen Branchen weniger Aufmerksamkeit gewidmet“. So habe nur jedes dritte Pharmaunternehmen (36 Prozent) ein Antikorruptionsprogramm vorzuweisen, also etwa eine Hotline oder einen Beauftragten. Branchenübergreifend liege der Schnitt bei 59 Prozent.

Interessant ist die Einschätzung der Unternehmen zu den Korruptions-anfälligen Formen der Zusammenarbeit mit Ärzten. Spitzenreiter sind Anwendungsbeobachtungen, Advisory boards und Sponsoring von Fortbildungen, die jeweils von 75 bis 77% der Firmen für riskant gehalten wurden. Die passive Teilnahme an gesponserten Fortbildungen bewerten noch 40 % als konfliktträchtig. Allerdings handelt es sich bei diesen Aktivitäten nicht um Korruption im strafrechtlichen Sinne, da kein pflichtverletzendes Verhalten als Gegenleistung gefordert wird. Allenfalls bei Anwendungsbeobachtungen besteht das Risiko, dass ein Studienmedikament ungerechtfertigt verordnet wird. Es geht vielmehr um die Graubereiche der Einflussnahme, die wahrscheinlich nie gesetzlich geregelt werden. Hier ist eher die professionelle Selbstregulierung durch Ärztekammern und Fachgesellschaften gefordert. Wie kommt es, dass sich der Bewusstseinswandel in dieser Frage in der Pharmaindustrie offenbar schneller vollzieht als in der Ärzteschaft?

  1. Pharmafirmen beklagen Korruption. Tagesspiegel, 16.4.13