Neue Denkschrift „Sharing clinical trial data“ des amerikanischen Institute of Medicine (IOM): Durchbruch für die Offenlegung von Studiendaten

(23.01.2015) Das US-amerikanische Institute of Medicine der National Academies of Science hat eine Denkschrift zur Transparenz von Studiendaten vorgelegt. 1 Die Denkschrift wurde von öffentlichen und privaten Geldgebern, darunter etlichen Pharmafirmen finanziert und erklärt die Offenlegung von Studiendaten zur zukünftigen Norm in der klinischen Forschung. Sie stellt zudem fest, dass problematische Aspekte der Transparenz wie der Umgang mit dem Datenschutz und die wirtschaftlichen Interessen der Firmen den Nutzen der Offenlegung nicht aufwiegen und zudem praktisch gelöst werden können.

Das Dokument enthält zahlreiche spezifische Empfehlungen:

  • Die Maßnahmen zur Offenlegung der Studiendaten werden bereits bei Aufnahme des Forschungsprojekts in ein Studienregister deklariert
  • Die Hauptergebnisse werden innerhalb eines Jahres publiziert
  • Der vollständige Datensatz wird nach 18 Monaten zugänglich gemacht
  • Der Prozess der Offenlegung wird von unabhängigen Gremien supervidiert, die Vertreter der Öffentlichkeit und Patienten einschließen

Das Gewicht des IOM und der breite Trägerkreis wird diesem Dokument die nötige Durchschlagskraft verleihen. Triebfeder für eine neue Offenheit ist die internationale AllTrials-Kampagne mit über 80.000 Unterstützern, darunter 530 medizinische Organisationen. Der Transparenzkurs wurde 2014 von der Europäischen Kommission, der Europäischen Arzneimittelagentur und der WHO übernommen.

Ben Goldacre, Psychiater, Autor von „Bad Pharma“ und Gründer der AllTrials-Kampagne kommentiert den IOM-Report:

„Die Offenlegung der Daten ist essenziell, wenn es um fundierte Entscheidungen über die bestmögliche Therapie geht. Nur so können wir Manipulationen und fehlerhafte Analysen ausfindig machen. Sie verhindert unnötige Wiederholungen bereits gelaufener Studien. Nur durch Transparenz können wir Studien zu aussagekräftigen Metaanalysen zusammenführen und so das klarste Bild davon bekommen, was wirklich hilft.

Die Risiken der Offenheit werden von einer schwindenden Gruppe älterer Pharmamanager grob übertrieben. Sie behaupten, sie bräuchten die Geheimhaltung, um ihre Produkte und ihre Reputation zu schützen. Tatsächlich haben sie ihrer Branche und der Medizin insgesamt enormen Schaden zugefügt. Die moderne Medizin basiert auf klarer Information, Transparenz und gut informierten Patienten. Es gibt keinen Weg zurück.”

Unberührt von den neuen Vorschlägen des IOM bleiben die zurückgehaltenen Studien bereits zugelassener Arzneimittel, die in den Archiven der Arzneimittelindustrie ruhen. Mit diesen Substanzen werden wir unsere Patienten über Jahre und Jahrzehnte weiter behandeln. Das selektive Publizieren verzerrt das ärztliche Wissen auf groteske Weise: Nach einer kürzlich veröffentlichten systematischen Übersicht werden nur 46% der klinischen Studien veröffentlicht. Studien mit positiven Ergebnissen kommen dabei 2,8 Mal häufiger ans Licht als Negativstudien.3

  1. www.nationalacademies.org/HMD/2015/Sharing-Clinical-Trial-Data.aspx
  2. alltrials.net/news/americas-institute-of-medicine-says-sharing-data-from-clinical-trials-should-become-the-norm/
  3. Schmucker C, Schell LK, Portalupi S, Oeller P, Cabrera L, et al. (2014) Extent of Non-Publication in Cohorts of Studies Approved by Research Ethics Committees or Included in Trial Registries. PLoS ONE 9(12): e114023