Kohle für Knochen-Karrieristen oder:
Wie Medtronic den Money Growth Factor erfand

(30.07.2013) Um ihren Knochenwachstumsfaktor InFuse zum Blockbuster zu machen, scheute die Firma Medtronic offenbar vor keiner Manipulation zurück. Ein Bericht des Finanzausschusses des US-Senats vom Oktober 2012 bezichtigt Medtronic des Wissenschaftsbetrugs mit Geister- und Gastautoren, der üppigen Honorierung von Meinungsbildnern, des Verschweigens von Nebenwirkungen und der verdeckten Finanzierung eines FDA-Beraters.1

InFuse enthält den Wirkstoff Recombinant Human Bone Morphogenetic Protein (rhBMP-2) und wurde durch die Marketingstrategie der Firma zum neuen Goldstandard bei lumbalen Fusionsoperationen hochgejubelt. Der Jahresumsatz lag bei jährlich mehr als 1 Milliarde Dollar. Zwei unabhängige Metaanalysen kamen nun zu ernüchternden Ergebnissen: InFuse wirkt nicht besser als der herkömmliche Einsatz durch autologes Knochengewebe, ist aber wahrscheinlich mit einem erhöhten Krebsrisiko behaftet.2, 3

Die Manipulationen des Herstellers führt der Bericht des US-Finanzausschusses detailliert auf:

  • „Medtronic spielte eine wesentliche Rolle beim Entwurf, der Endfassung und der Ausrichtung medizinischer Fachartikel, die unter den Namen seiner ärztlichen Berater erschienen. Diese erhielten von Medtronic beträchtliche Summen in Form von Beratungshonoraren und Lizenzgebühren. Die Rolle der Firma beim Abfassen und Überarbeiten der Artikel wurde in den publizierten Artikeln nicht offengelegt. Medizinische Zeitschriften sollten sicherstellen, dass Industriezuwendungen an die Autoren und inhaltliche Beiträge des Herstellers zu den Artikeln vollständig deklariert werden.“
  • “Medtronic zahlte zwischen 1996 und 2010 insgesamt etwa 210 Millionen Dollar an die ärztlichen Autoren der Medtronic-gesponserten Studien für Beratung, Lizenzen und anderes.“
  • „Ein Email-Austausch zeigt, dass ein Medtronic-Mitarbeiter von der Publikation einer kompletten Liste der Nebenwirkungen abriet, die mit InFuse in verbindung gebracht wurden. Diese Liste sollte 2005 in einem Artikel für das Journal of Bone and Joint Surgery erscheinen.“
  • “Medtronic-Mitarbeiter manipulierten die Aussagen der Studien und suggerierten, InFuse sei der herkömmlichen Behandlung überlegen. Dafür betonten sie die Schmerzen, die mit der herkömmlichen Behandlung verbunden seien.“
  • „Die Unterlagen weisen darauf hin, dass Medtronic die Aussagen eines Experten vor einem Beratungsgremium der FDA präparierte, bevor InFuse zugelassen wurde. Zu dieser Zeit war der Experte ein niedergelassener Arzt, 2007 wurde er jedoch zum Vizepräsidenten von Medtronic.“
  1. http://www.finance.senate.gov/newsroom/chairman/release/?id=b1d112cb-230f-4c2e-ae55-13550074fe86
  2. Fu R, Selph S, McDonagh M et al. Effectiveness and harms of recombinant human bone morphogenetic protein-2 in spine fusion: A systematic review and meta-analysis. Ann Intern Med. 2013;158:890-902
  3. Simmonds MC, Brown JVE, Heirs MK et al. Safety and effectiveness of recombinant human bone morphogenetic protein-2 for spinal fusion: A meta-analysis of individual-participant data. Ann Intern Med 2013; 158:877-889